Leben unter dem Kiefernsaum

Alte Bäume, neue Räume

Wie lassen sich ein Pool, eine Terrasse und Spielbereiche in einem kleinen Garten mit mächtigen Bäumen unterbringen? Die Lösung liegt in einer klugen Gestaltung, die den alten Baumbestand bewahrt und gleichzeitig neue Räume schafft. Der lichte Schatten der Schwarzkiefer sorgt für ein angenehmes Mikroklima – ein Garten voller Atmosphäre und Funktion.
Projektbeschreibung
So hatten auch die Besitzer dieser Doppelhaushälfte nebst kleinem Garten viele Wünsche: Platz für die Spielgeräte der Kinder, eine große Terrasse mit Esstisch, eine Lounge, ein Hochbeet und sogar einen Pool. Als Planer Martin Oelkers die lange Wunschliste erhält, ist er zunächst im Zweifel, ob er dies alles zwischen den großen Baumveteranen unterbringen kann. Denn der Wurzelraum der Eiben und besonders der mächtigen Schwarzkiefer schränkt die Bebaubarkeit naturgemäß ein. Sie sollen jedoch als charakteristischer Altbestand unbedingt erhalten bleiben, denn solch alte Bäume sind nicht einfach austausch- oder ersetzbar. „Was bleibt übrig, wenn ich den Wurzelraum der Bäume nicht bebauen darf? Der Terrassenausgang ist gut 30 cm tiefer als die ursprüngliche Gartenebene und der Wurzelraum der Kiefer endet 2 m vor der Fassade“, überlegt Martin Oelkers. So muss der Planer zunächst einmal herausarbeiten, welche Flächen tatsächlich bebaubar sind und welche Funktionen wo und wie entstehen können. Auch der Höhenunterschied zwischen eigentlicher Gartenfläche und den niedrigen Ausgangshöhen des Gebäudes sowie die Flächen zwischen den Wurzelräumen der Bäume muss gelöst werden. Struktur schaffen wenige Gartenebenen, die sich automatisch durch den Wurzelraum bzw. den Wurzelschutzvorhang aus der Bauphase ergeben. Der Terrassenbereich am Haus entsteht als unterste Ebene direkt am Wohn- und Essbereich des Hauses. So ist der Weg von innen nach außen kurz gehalten.

Auf der nächsthöheren Ebene passt ein kleiner Pool genau zwischen die Wurzelräume. Die Verbindung zwischen den beiden Ebenen schafft eine kleine Rasenfläche, auf den Spielgeräte und Slackline untergebracht werden. „Hier kann man sich ausreichend bewegen und auf der Pool-Terrasse Sonne tanken. Zum Fußball- spielen muss man dann aber doch zum nächstgelegenen Sportplatz“, so Martin Oelkers. Die Integration der großen Kiefer so dicht an der Terrasse gelingt besser als der Planer zunächst vermutet. Dank des lichten Schattens herrscht im Hochsommer auf der südexponierten Terrasse ein angenehmes Klima. „Ich war überrascht, was für eine angenehme Atmosphäre unter der Föhre entsteht. Die starken Äste strecken ihr schützendes Dach über die Terrasse und schaffen einen intimen Raum. Es duftet nach Harz und bei Wind hört man die Föhre“, so der Planer. Überraschend ebenso, wie viel Pflanzenleben sich unter großen Bäumen regen kann, wenn die richtige Auswahl getroffen wird. Alle Gartenräume unter den Bäumen sind mit Stauden des Gehölzrandes belebt, die auf einem trockenen Standort im Halbschatten zurechtkommen. Mit ihrer großen Bandbreite an Blatttexturen garantieren sie nahezu ganzjährig einen attraktiven Gartenschmuck. Farne wie der Schmale Filigranfarn (Polystichum setiferum 'Proliferum') dürfen mit ihrer zeitlosen Eleganz natürlich nicht fehlen. Und ja, auch unter großen Bäumen gibt es Blütenschmuck, wenn man z. B. Balkan-Storchschnabel (Geranium macrorrhizum 'Ingwersen'), Mondviole (Lunaria rediviva), Weiße Sommer-Aster (Aster divaricatus, Syn. Eurybia divaricata) oder Mandelblättrige Purpur-Wolfsmilch (Euphorbia amygdaloides 'Purpurea') pflanzt. Somit beweist Martin Oelkers, dass ein alter Baum selbst in einem kleinen Garten in die Gestaltung integriert werden kann, ja seine besondere Atmosphäre erst bewirkt: „Ich dachte immer, dass eine Kiefer viel Schatten wirft und den Garten verdunkelt, stattdessen dringt das Licht durch die Krone bis zum Boden. Der Baum schafft ein angenehmes Kleinklima. Ich sehe einen Kiefernwald jetzt mit ganz anderen Augen!“

Text: Konstanze Neubauer / Callwey
Fotos: Sylvia Knittel / Fotografie und Garten